Stärkste Saisonleistung blieb unbelohnt

10.12.2022

Calwer Löwen wehren sich leidenschaftlich gegen den TSV Pfungstadt

Das letzte Bundesliga-Heimspiel 2022 des TSV Calw gegen Weltpokalsieger TSV Pfungstadt hätte mehr Publikum verdient als knapp 100 Zuschauer in der Walter-Lindner-Halle – die ihr Kommen ganz sicher nicht bereut haben. Nach mehr als zwei Stunden intensiver Netto-Spielzeit ging ein kurzweiliges, spannendes Duell zu Ende.

TSV Calw – TSV Pfungstadt 4:5 (13:11, 9:11, 11:7, 7:11, 6:11, 11:8, 11:7, 7:11, 7:11)

„Da gab es wirklich nichts auszusetzen. Ein Spiel voller Leidenschaft“ sah Trainer Björn Gumbinger bei seinen Calwern. Schlagmann Raphael Schlattinger lobte seine Hintermannschaft sowie Nebenmann Bastian Dangel, „die heute wirklich ein Wahnsinnsspiel gezeigt haben.“ So wie er selbst auch. „Spaß an einem tollen Spiel“ hatte auch die hochschwangere Stephanie Thomas, geborene Dannecker: Die langjährige Calwerin und Weltfaustballerin von 2021 begleitete ihren Mann, den Pfungstädter Spieler Sebastian, und freute sich über das Wiedersehen mit vielen ehemaligen Wegbegleitern.

Foto: Stephanie Thomas, geb. Dannecker, und Thomas Kübler, Sportlicher Leiter des TSV Calw, hatten viel Spaß.

 

Nachdem der seit Jahren weltbeste Faustballer Patrick Thomas im November aufgrund von Kniebeschwerden für drei Wochen ausfiel und das Team aus Hessen prompt zwei Niederlagen gegen Vaihingen/Enz und Käfertal kassierte, stand der große Blonde wieder von Anfang an auf dem Platz. Denn der TSV Pfungstadt war auf Tabellenplatz 4 zurückgefallen und durfte sich keine weitere Niederlage erlauben, um sich für die Meisterschaftsendrunde in Gärtringen zu qualifizieren. Zunächst aber übernahm Zweitangreifer Dennis Gruber die Hauptarbeit. Das gelang zunächst gut, Pfungstadt führte 5:1. Dann aber stellten sich die Calwer darauf ein. Die Abwehr mit Nick Stoll, Philipp Kübler und Leandro Schmidberger stand sicherer, Schlattinger punktete und – bezeichnend für die Aufholjagd – Dangel traute sich erfolgreich zum Block gegen den Zweimeter-Mann Patrick Thomas. Calw kam auf 7:7 heran, holte einen neuerlichen Zwei-Punkte-Rückstand auf, wehrte einen Satzball ab, ging mit einem sehenswerten „linken Haken“ durch Schlattinger – parallel zur Leine – erstmals in Führung und gewann Satz 1.

Das Duell nahm Fahrt auf und der nächste Durchgang sah ein Spiel zweier Kontrahenten auf Augenhöhe. 7:7, 9:9. Dann ein ganz knapper Ausball Dangels, der an diesem Abend häufig im Blickpunkt stand, da Schlattinger von Thomas aus dem Spiel genommen wurde. Nach einer Glanzparade des Pfungstädter Nationalspielers Jonas Schröter glich Pfungstadt aus.

Anschließend übernahm ein selbstbewusster TSV Calw die Kontrolle und drückte dem Spiel seinen Stempel auf. Schlattinger glänzte mit fehlerfreiem Spiel, großem Druck und starker Abwehr. Auch Dangel setzte immer wieder Nadelstiche – unter anderem mit einem grandiosen langen Ball aus vollem Lauf, parallel zur rechten Seitenlinie. Diese Begegnung war nun etwas für Faustball-Feinschmecker. Mit 2:1-Satzführung ging es in eine fünfminütige Pause, in der Pfungstadt Trainer, Jahrhundert-Faustballer Dieter Thomas, offenbar die richtigen Worte fand. Die Hessen zeigten ihr wahres Gesicht und Calw versuchte mit wechselnden Positionen – Dangel links hinter Schlattinger, Philipp Kübler rechts vorn an der Wand – gegenzuhalten. Bis 6:8 kam das Heimteam heran, dann war nichts mehr zu holen.

Auch in Satz 5 hechelten die Calwer einem abgezockten Gegner hinterher. Bei 3:8-Rückstand kam Lukas Gruner für Nick Stoll, doch der Gast zog sein Spiel durch und übernahm die Satzführung. In der Defensive Calws wurde weiter rotiert: Stoll rein, Leandro Schmidberger raus, Positionswechsel. Dies war der vielleicht stärkste Satz der Calwer in dieser Hallenrunde – mit leidenschaftlichem Kampf und grandiosen Aktionen. So entwickelte sich ein wahres Spitzenspiel, in dem auch der hervorragende Schiedsrichter Alwin Oberkersch, nun mehrmals im Zentrum von Diskussionen, stets souverän agierte. Mit einem krachenden Ass glich Schlattinger zum 6:6 aus, bei erstmaliger Führung (8:7) nahm Pfungstadt eine Auszeit. Aber der Schweizer Nationalschlagmann zog auch danach nicht bei Patrick Thomas‘ Blockversuchen zurück. Das Publikum in der Halle tobte vor Begeisterung. Mit 3:3 Sätzen ging es in die zweite Pause.

Dieses Mal kamen die Hessestädter stark und selbstbewusst zurück aufs Feld. Dangel blockte, wie so einige Male an diesem Abend, erfolgreich gegen Gruber. Stoll beherrschte sein Zentrum, die Abwehr stand sattelfest und Schlattinger strotzte vor Selbstvertrauen. Calw ging 7:2 in Führung, widerstand auch einer Aufholjagd bis zum 8:6 und setzte sich durch. Wenige Minuten später, im achten Satz und beim Stand von 6:6, stand Pfungstadt bereits mit dem Rücken zur Wand. In solchen Situationen aber kann der Weltpokalsieger, dessen Spieler mehr als zehn WM-Titel führen, immer noch einmal zulegen. So auch in Calw. Patrick Thomas zeigte nun seine härtesten und präzisesten Schläge. Pfungstadt glich nach Sätzen erneut aus – 4:4 – und drückte zu Beginn des finalen Durchgangs weiter aufs Vollgas. Nach seinem Kracher zur 4:0-Führung zeigte Patrick Thomas, eher ungewohnt, erstmals Emotionen und ballte die Fäuste. Ein Zeichen dafür, welch schweren Stand sein Team gegen aufopferungsvoll kämpfende Calwer hatte. Der letzte Seitenwechsel fand sogar bei 0:6-Rückstand aus Sicht des Heimteams statt. Doch nochmals bäumten sich die Löwen auf, kamen bis 5:7 heran, ehe der Favorit den Sack zuschnürte. Die Faustball-Gladiatoren beider Teams holten sich einen lang anhaltenden und verdienten Beifall des Publikums ab.

„Ein Spiel voller Emotionen und Aktionen, eine tadellose Leistung meines Teams. Das hat heute wirklich Spaß gemacht“, so Coach Björn Gumbinger, den wohl nur selten eine Niederlage so wenig schmerzte. Und ein abgekämpfter Raphael Schlattinger ergänzte: „Wir hatten uns vorgenommen, heute auf dem Spielfeld eine Party zu feiern, miteinander und füreinander zu kämpfen. Das haben wir getan. Schade nur, dass wir am Ende nicht belohnt wurden. Im letzten Satz bin ich einfach nicht mehr durchgekommen und habe nicht mehr richtig getroffen. Und wenn du gegen Pfungstadt mit deinen Angaben keinen Druck aufbaust, dann schlagen sie dir die Bälle um die Ohren. Nun ist der Traum von der Teilnahme an der deutschen Meisterschaft endgültig geplatzt. Hätten wir zu Beginn der Saison so gespielt, wäre dies locker dringewesen. Wir werden nun alles tun, um diese Saison gut zu beenden.“