Marathon-Krimi ohne Happy-end

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  Ein Wechselbad der Gefühle erlebten 150 Zuschauer und die Faustballer beim Bundesliga-Spitzenspiel zwischen Aufsteiger TSV Calw und dem vorzeitigen Meister der Bundesliga-Südstaffel TV Oberndorf. Am Ende mussten sich die kämpferischen Schwarzwälder erstmals in heimischer Halle knapp geschlagen geben.
TSV Calw – TV Oberndorf 4:5 (7:11, 8:11,11:13, 11:6, 11:5, 13:11, 10:12, 11:9, 6:11).
Nach der deutlichen 1:5-Niederlage beim Hinspiel in Schweinfurt war der Respekt der Calwer vor dem Gegner groß. Das war der bewährten „Starting Five“ mit Raphael Schlattinger und Bernd Bodler (Angriff), Nick Stoll (Mitte), Philipp Kübler und Marco Stoll (Abwehr) sofort anzumerken. Der herausragende Gäste-Hauptdarsteller Fabian Sagstetter versuchte von Beginn an, mit seinen unkonventionellen, ja in der Liga einzigartigen Trickangaben die Heimischen aus dem Konzept zu bringen. Das gelang: Schwer berechenbare Bogenlampen, spitzwinklige Diagonalbälle und kurze Angaben, dann wieder lang und hart auf die Grundlinie geschlagen – in den ersten beiden Sätzen hatten die fünf Calwer nichts zu lachen. Auch aus dem Spiel heraus gelang nicht viel, da die Zuspiele nur selten Schlattinger in Szene zu setzen vermochten und die Abwehr der Franken häufig parieren konnten. Bis 7:7 hielt Calw jeweils dagegen, dann setzte Schlitzohr Sagstetter die Nadelstiche. Zum Beispiel, als er dem aufs gegnerische Feld rübergerutschten Schlattinger auf den Körper spielte, was das Publikum mit einem Pfeifkonzert quittierte.
Wie so häufig in dieser Saison kamen die Calwer im dritten Durchgang auf Touren. Klasse Angaben von Schlattinger und die sich besser einstellende Abwehr brachte den TSV in Führung (5:3) und bei 8:8 nahm Calws Trainer Thomas Stoll Auszeit – und setzte auf eine Umstellung: Die Zweitschlagposition übernahm nun Philipp Kübler, dessen vakante Abwehrposition von Lukas Gruner eingenommen wurde. Das Rezept war klar: Sagstetters Angaben eine stärkere Defensive entgegen setzen, auch auf die Gefahr hin, dass der Angriff geschwächt wird und zu viel Arbeit am Block an Schlattinger hängenbleibt. Tatsächlich blieb es Kübler vorbehalten, den Treffer zum 10:9-Satzball zu setzen, doch als der Schiedsrichter einen Übertritt Schlattingers ahndete, nutzte der TVO die Konfusion und ging mit einem klaren 3:0-Satzvorsprung gegen konsternierte Calwer in die erste 10-Minuten-Pause.
Dennoch entpuppte sich der Wechsel auf die jüngste Calwer Bundesliga-Formation (19 bis 24 Jahre) als goldrichtige Entscheidung. Der TSV stellte sich immer besser auf den Top-Favoriten ein und übernahm das Zepter. Und wie: Die erfolgreichen Schlattinger-Bälle rissen die Abwehr mit, die mit Marco Stoll und Lukas Gruner sicher stand. Die Zuspiele von Marco Stoll kamen besser und Kübler erlaubte sich keine Fehler. Wie so häufig in dieser Saison hatten die Calwer nach zwei, drei Sätzen nun ihre stärkste Phase und einen „Lauf“: 11:6 und 11:5, verkürzt auf 2:3 Sätze. Dann entwickelte sich ein spannendes Match von Spitzen-Niveau. Der TSV führte 9:6, vergab einen Satzball, lag dann 10:11 hinten und glich doch aus: 13:11.
Die zweite 10-Minuten-Pause kam den Gästen nur recht. Nach dem Adrenalinüberschuss in den vorigen Durchgängen kamen die Calwer gegen die von Sagstetter und Mittespieler Jaro Jungclaussen angeführten Franken nur schwer ins Match zurück: 2:5 der Rückstand, Auszeit – dann 6:9, doch Calw holte wieder auf, hatte bei 10:9 sogar Satzball, doch ein knapper Ausball besiegelte den erneuten Satzrückstand. Auch anschließend waren beide Seiten gleichauf, eine Rettungstat von Marco Stoll führte zum 9:6 und Calw brachte die Führung durch. Im neunten Satz zeigte sich, dass Schlattinger in den vorigen Sätzen als Alleinunterhalter zu viel arbeiten musste. Calw lag 1:4 hinten, als der Schiedsrichter erneut einen Übertritt aus dem Spiel heraus ahndete. Thomas Stoll wechselte Bodler wieder ein, um für Entlastung zu sorgen, doch es war zu spät und nach zweieinhalb Stunden jubelte der Südmeister aus Schweinfurt-Oberndorf.
Mit der Niederlage ist auch der Zug zur deutschen Meisterschaft (10./11. März) abgefahren. Neben TV Oberndorf fährt der TSV Pfungstadt nach Mannheim. Als Gastgeber darf der TV Käfertal teilnehmen – eine Neuerung im Regelwerk. Bisher waren die Top-3 der Nord- und Südstaffel gesetzt. Platz 3 könnte Calw noch einnehmen, dafür müssten sie aber am nächsten Samstag beim heimstarken FBC Offenburg gewinnen.
Stimmen
Raphael Schlattinger, TSV Calw: „Schade, da war ein Sieg drin. Aber die Zuspiele waren häufig nicht optimal und der 0:3-Satzrückstand war einfach zu hoch. Wir haben uns zurückgekämpft, unser Spiel wurde ruhiger und die Abwehr stärker. Es war ein sehr gutes Spiel auf beiden Seiten.“
Jaro Jungclaussen, TV Oberndorf: „Wir haben stark angefangen, dann aber den Faden verloren, weil Calw stark abgewehrt hat. Nach dem 3:3 konnten wir unser Spiel wieder besser aufziehen. Das war ein hartes Stück Arbeit und hat Spaß gemacht, denn das Calwer Publikum macht super Stimmung. Schade, dass der TSV nicht bei der deutschen Meisterschaft dabei ist.“
Thomas Stoll, Trainer TSV Calw: Unser Block war nicht effektiv, deshalb war es wichtig, die Abwehr zu stärken. Den Preis haben wir am Ende des Spiels gezahlt: Raphael Schlattinger, der extrem viel arbeiten musste, ist die Luft ausgegangen. Gegen solche Gegner fehlt uns die Erfahrung, aber wir haben bereits überragende Spiele gemacht. Es ist und bleibt eine tolle Saison.“