Kuriose Stimmung beim Abstiegs-Endspiel

10.02.2019
Eine seltsame Mischung aus Trauer und Freude lag in der Luft der Walter-Lindner-Halle. Gerade hatten die Bundesliga-Faustballer des TSV Calw das Lokalderby gegen den TV Waldrennach gewonnen – und erfahren, dass sie trotzdem, gemeinsam mit den „Waldis“, absteigen.
TSV Calw – TV Waldrennach 5:3 (8:11, 11:7, 9:11, 11:8, 3:11, 11:6, 11:7, 11:7)
Sechs übrig gebliebene Mohikaner auf Seiten der Calwer standen sich beim Warmmachen gleich zehn Waldrennachern gegenüber, und auf der prall gefüllten Tribüne mit dem Rekordbesuch von weit über 200 Zuschauern – darunter auch die U18-Frauenteams aus Görlitz und Glauchau, die zuvor an der Süddeutschen Jugend-Meisterschaft teilnahmen – herrschte gespannte Vorfreude. Die wurde nicht enttäuscht, denn es entwickelte sich schnell ein spannendes Duell auf hohem Niveau.
Der TSV Calw begann mit der Aufstellung, die vor zwei Wochen dem TV Vaihingen/Enz beim 3:5 einen harten Fight lieferte und zuletzt beim Vierten FBC Offenburg 5:2 gewann. Mit Raphael Schlattinger und Philipp Kübler am Schlag, Nick Stoll im Zuspiel und Lukas Gruner / Heiko Bestle in der Abwehr. Die seit Wochen verletzten Bernd Bodler und Mathias Zierer saßen einmal mehr nur auf der Tribüne. Der TVW setzte auf den Paradeangriff mit Markus Kraut und Jeremy Wuhrer, dahinter Kai und Niklas Ehrhardt sowie Oliver Kraut. Und die Gäste legten los wie die Feuerwehr: 1:4 stand es schnell, dann kamen die Calwer ins Spiel und gingen bei 6:5 erstmals in Führung. Doch Wuhrer und Markus Kraut wurden gut in Szene gesetzt und punkteten fleißig. 8:11, die Führung für Waldrennach.
Ein ähnliches Bild, nur umgekehrt, bot sich nach dem Seitenwechsel. Diesmal ging Calw in Führung, zog über 5:1 auf 8:3 davon und glich mit einem sicheren 11:7 aus. Danach schien es, als ob die Hausherren die Siegformel gefunden hätten. Philipp Kübler punktete sogar bei Blocksituationen, sein Team lag 6:2 vorn. Doch nach einer Auszeit kamen die Gäste zurück, holten Punkt für Punkt auf. Jeremy Wuhrer sorgte mit einer kurzen Angabe für Jubel bei seinen Kameraden (9:11).
Den aufregendsten Durchgang seit langem erlebte das Publikum aber danach. Waldrennach setzte jetzt auf Abwehr-Crack Carsten Scheerer (für Niklas Ehrhardt) – und lag nach wenigen Minuten 5:0 vorn. Danach die vielleicht spielentscheidende Szene: Ein spektakulärer langer Ballwechsel mit etlichen Blocksituationen und Abwehrparaden wurde von Raphael Schlattinger zugunsten der Calwer abgeschlossen. Ein Ballgewinn, der wie eine Befreiung wirkte. In der Folge sahen die Zuschauer gleich mehrere Aktionen der „Marke: Weltklasse“ auf beiden Seiten und ein Spiel mit offenem Visier. Bei 8:8 rettete Nick Stoll einen „Unerreichbaren“ für die Calwer, die nun drei Mal in Folge punkteten und zum 2:2 nach Sätzen ausglichen.
Aber nach dem neuerlichen Seitenwechsel das gleiche Spiel: Die Calwer Abwehr mit Gruner, Bestle und Stoll stand gut, doch das Zuspiel passte nicht. Schlattinger konnte sich nicht in Szene setzen. Auf der anderen Seite drehte Markus Kraut auf und führte seine Waldrennacher zum klaren Satzsieg (3:11) und zur neuerlichen Führung (2:3 Sätze). Und wieder schaffte Calw den Ausgleich. Bei 6:4-Führung probierten die Waldrennacher mit der Einwechslung von Simon Keck für Wuhrer und von Martin Neuweiler für Kai Ehrhardt, das Ding zu drehen. Vergeblich, erneut gewann die von der Tribüne aus gesehen rechte Feldseite.
Das änderte sich nach der zweiten 10-Minuten-Pause. Der TSV Calw erkämpfte sich den besseren Start, während bei den Waldis nicht viel zusammenlief. 7:1 führten die Heimischen, ehe der Gast noch etwas Ergebniskosmetik betrieb. Und auch danach bestimmte nun der TSV das Geschehen. „Dozi“ Schlattinger drehte auf wie zu seinen Zeiten vor der langen Verletzung, während die Gäste-Angreifer sich nicht in Szene setzen konnten. TSV-Allrounder Kübler konnte sich ebenso auszeichnen wie die spielfreudige Abwehrreihe. Mit einem langen Angaben-Ass setzte Schlattinger den Schlusspunkt.
Stimmen
Thomas Stoll, Trainer TSV Calw: „Wir sind mit den Bällen der Waldrennacher auf der linken Feldseite beim Zuspiel einfach nicht zurechtgekommen. Wir haben dann auf Zuspiel mit Drall umgestellt,das hat geklappt. Glückwunsch nach Unterhaugstett zum Klassenerhalt! Für uns ist der Sieg ein versöhnliches Erlebnis, ich bin glücklich über diese Leistung. Sie zeigt, was in dieser Saison ohne unser Verletzungspech möglich gewesen wäre.“
Philipp Kübler, TSV Calw: „Wir sind nicht traurig über den Abstieg, denn das war ja schon zuvor fast klar. Jetzt haben wir zwei Siege in Folge gefeiert, das baut uns auf. Jetzt wollen wir mit einem Sieg nächsten Samstag gegen TV Oberndorf den TV Waldrennach in der Tabelle hinter uns lassen.“
Oliver Kraut, TV Waldrennach: „Das war ein hochklassiges Spiel mit sehr guten Aktionen, vor einer tollen Kulisse. Wir wussten, dass im Fernduell der TV Unterhaugstett heute gute Karten hat, uns in die zweite Liga zu schicken. Aber wir wollten gewinnen, das waren wir uns und unseren Zuschauern nach dieser Saison schuldig. Schade, dass es nicht geklappt hat. Wir wechselten Jeremy Wuhrer aus, weil er Wadenprobleme hatte. Carsten Scheerer sollte Sicherheit in die Abwehr bringen.“