„Henny“ komplettiert ihren Medaillensatz

09.10.2022

„German super striker“ schießt Brasiliens Clube Duque de Caxias zu Silber im World-Tour-Finale

Henriette Schell (hinten links) mit ihrem Team Duque de Caxias.

 

„Ja, dieses Jahr ist echt viel los“, sagte Henriette Schell noch vor wenigen Tagen mit Blick auf ihr außergewöhnliches Sportjahr. Aus dem Munde der allgemein zu Understatement neigenden Schlagfrau des TSV Calw will das schon etwas bedeuten. Man könnte durchaus behaupten: Keine Faustballerin auf der Welt hat ihrer Sportart so kräftig den Stempel aufgedrückt. Am Sonntag setzte die 24-Jährige mit Platz 2 beim World Tour Finale einen silberglänzenden Schlusspunkt unter eine überragende Feldsaison – im blauweißen Trikot des brasilianischen Clube Duque de Caxias.

Begonnen hatte ihr persönlicher Supersommer im Juli. Die Welt- und Europameisterin reiste mit der deutschen Nationalmannschaft zu den World Games nach Alabama, USA. Beim bedeutendsten Wettkampf der nichtolympischen Sportarten, der alle vier Jahre stattfindet, durften erstmals auch Faustballerinnen teilnehmen. Henriette Schell kam mit dem erhofften dicken Goldklunker um den Hals nach Hause und sicherte nur einen Tag nach der Rückkehr ihrem Calwer Bundesliga-Team das Ticket zur deutschen Meisterschaft – wo der erhoffte Sprung ins Halbfinale allerdings nicht gelang. Dafür schlugen ihre TSV-Löwinnen beim Europapokal zu: Bronze im EFA Champions Cup in Widnau/Schweiz, unter anderem mit zwei Siegen über Lokalrivale TSV Dennach. Den anschließenden notwendigen Urlaub unterbrach sie für einen Flug nach Berlin, um aus den Händen von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier die höchste Sportauszeichnung der Bundesrepublik in Empfang zu nehmen, das Silberne Lorbeerblatt.

Aus dem Urlaub ging es wieder über den Großen Teich und weiter nach Brasilien: Der Weltklasse-Verein Clube Duque de Caxias verpflichtete Henriette Schell für einige Wochen. Sie sollte das Team in die Medaillenränge des Weltpokalturniers ballern, wie vor einigen Jahren schon ihr Calwer Angreifer-Vorbild Stephanie Dannecker – die damals sogar das oberste Treppchen erklomm. Duque, der Verein aus der 2-Millionen-Einwohner-Stadt Curitiba, war Gastgeber des Turniers, für das sich die jeweils acht stärksten Vereinsmannschaften (Frauen und Männer) über eine mehrmonatige weltweite Turnierserie, die World Tour, qualifizierten.

Auftrag erledigt! Henriette Schell stand als „German super striker“ (O-Ton Faustball-Weltverband IFA) im Zentrum des Geschehens. In der Vorrunden-Gruppe B wurde zunächst der brasilianische Konkurrent SG Novo Hamburgo mit 3:0 (11:3, 11:8, 11:2) weggefegt. Nicht besser erging es dem österreichischen Meister und Mitfavoriten SG Union Nussbach: 3:0 – 11:8, 11:7, 15:13. Erst beim 3:1 gegen den norddeutschen VfL Kellinghusen (11:5, 11:7, 9:11, 13:11) gaben die Brasilianerinnen einen Satz ab. Weniger gut lief die Vorrunde für den TSV Dennach, der ebenfalls als Medaillenkandidat nach Südamerika reiste, nach zwei Niederlagen aber das Halbfinale verpasste und Fünfter wurde.

Im Halbfinale stand Duque und seine „Gastarbeiterin“ einem Hochkaräter gegenüber: dem deutschen Meister und Europapokalsieger TV Jahn Schneverdingen. Aber die Heimmannschaft zündete ein Feuerwerk gegen die niedersächsischen „Heidschnucken“: 3:0 (11:7, 11:7, 11:5). Im zweiten Semifinale schlug Top-Favorit Sogipa Porto Alegre die Österreicherinnen aus Nussbach ebenfalls klar, es kam zum rein brasilianischen Endspiel. Nachdem Schneverdingen mit 3:2 gegen Nussbach Bronze gewonnen hatte, kam es zum Brazil-Gipfel. Der Clube Duque de Caxias legte stark los, war nach Satzführung aber chancenlos gegen die Damen aus Porto Alegre, dem „glücklichen Hafen“, und unterlag 1:3 (11:6, 3:11, 6:11, 7:11).

Für Henriette endete eine wunderbare Saison, „eine Zeit voller Höhepunkte und schöner Erlebnisse“, mit einem Medaillensatz, den keine Faustballerin sonst vorweisen kann: World-Games-Gold mit der Nationalmannschaft, Silber beim World-Tour-Finale mit Duque de Caxias und Bronze mit dem TSV Calw beim Europapokal. Beim viertägigen World-Tour-Finale in Curitiba verteidigten die Männer des hessischen TSV Pfungstadt erwartungsgemäß ihren Titel, die Plätze 2 bis 4 gingen an SG Novo Hamburgo, Duque de Caxias (beide Brasilien) und Tigers Vöcklabruck (Österreich).