28.03.2017
U18 krönt Top-Leistungen bei deutscher Meisterschaft / Laura Flörchinger ausgezeichnet
Großes Publikum, Frauenfaustball auf höchstem Niveau und eine „Zweiklassengesellschaft“ unter den zehn besten A-Jugend-Mannschaften – die Deutsche U18-Meisterschaft bot von allem etwas. In der Sporthalle in Pfungstadt untermauerte der TSV Calw nach Bronze (Halle) und Gold (Feld) im Vorjahr nun mit Silber seine Stellung als herausragende Nachwuchs-Sportschmiede.
Im letzten Turnier als U18-Jugendliche führte Henriette Schell ihr Team in die schwere Vorrunde mit vier Begegnungen. Neben ihr sorgten abwechselnd Adina Stoll und Kristin Heuer am Zweitschlag für Entlastung. Denn bei deutschen Meisterschaften zählt nicht nur der Einzug in die Endrunde der Top-6 am Sonntag – es sollte auch ohne großen Kraftverlust gelingen. Die Rechnung der Betreuerinnen Petra Pfrommer, Elke Schöck und Stephanie Dannecker ging auf. Karlsdorf (Baden) forderte die Calwerinnen nur im zweiten Satz, ehe die Schwarzwälderinnen nach mehreren Matchbällen endlich den Sack zuschnürten (11:6, 15:13). Dann die Begegnung mit Bayer 04 Leverkusen, das Duell der letzten Meister (Halle und Feld), das Wiedersehen nach dem Finale von Bardowick letzten Sommer, als sich der TSV Calw sensationell krönte. Dieses Mal demonstrierten die jungen Damen von der Nagold von Beginn an, wer der Chef im Ring ist. Die Abwehr mit Laura Flörchinger, Anna Winkler, Leonie Pfrommer, Muriel Wacker und Allrounderin „Adi“ Stoll gehört zum Besten, was Deutschland in dieser Altersklasse zu bieten hat. Das bekamen die Westfälinnen zu spüren. Im Duell der U18-Weltmeisterinnen zog Marie Hodel (Leverkusen) klar den kürzeren gegen Calws „Henni“ Schell, deren Team überraschend locker gewann (11:8, 11:4). Nach klarem ersten Satz gegen Pfungstadt (11:6) schafften die Gastgeberinnen, angefeuert von einem euphorischen Publikum, immerhin ein 1:1 (9:11). Doch da war der 1. Platz in der Gruppe praktisch schon vergeben, da Calw gegen die holsteinischen Außenseiterinnen vom TSV Breitenberg keine Probleme hatte (11:1, 11:9).
Es kam wie erwartet: Mit Leverkusen, Pfungstadt, Eibach, Schneverdingen und Calw zogen die klaren Favoriten des Zehnerfelds in die Finalrunde ein. Hier wurden dann der TSV Gärtringen (am Ende Sechster / 0:2 gegen Pfungstadt) sowie Leverkusen (5. / 0:2 gegen Schneverdingen) aussortiert. Eibach setzte sich ganz locker gegen Pfungstadt durch, Calw traf auf die „Heidschnucken“ vom TV Jahn. In diesem hochklassigen Halbfinale erlebten die Zuschauer ein echtes Spektakel, mit grandiosen Ballwechseln und Flugeinlagen. Die überlegten Angriffe von Schell und Stoll sowie Rettungsaktionen von Leonie Pfrommer, die einige Stoppbälle von Schneverdingen noch vom Boden kratzte und dabei über die Schmerzgrenze ging, gaben den Ausschlag für Calw (12:10). Im zweiten Durchgang spielten sich die Süddeutschen in einen Rausch und ließen die technisch und kämpferisch so versierten Niedersächsinnen alt aussehen. Olaf Neuenfeld, Männer-Nationaltrainer und Schneverdingen-Fan, nickte anerkennend über diesen herausragenden Auftritt.
Im Endspiel standen sich die Hauptdarsteller der vergangenen zwei Jahre gegenüber und wie schon bei der Süddeutschen Meisterschaft vor wenigen Wochen setzten sich die Frauen aus dem Nürnberger Stadtteil letztlich durch. Nach einem starken, konzentrierten Beginn gelang es Calw, Eibachs herausragende Svenja Schröder zu beschäftigen. Die Satzführung gelang in der spannenden Verlängerung. Dann nahmen die Fränkinnen mehr und mehr das Heft in die Hand, neutralisierten Henriette Schell, gingen zügig in Führung (2:5) und glichen aus (7:11). Der entscheidende Satz sah zwei Spitzenteams auf Augenhöhe, die sich in langen Ballwechseln nichts schenkten. Über 5:5 und 5:7 gelang Calw wieder der Ausgleich (9:9), dann setzte sich die Klasse von Svenja Schröder durch, die in entscheidenden Momenten hohes Risiko einging – und belohnt wurde (9:11). Die Calwerinnen ärgerten sich nicht lange. „Wir haben hier zum Saisonhöhepunkt unser stärkstes Faustball gespielt. Ich bin sehr stolz“, wusste Trainerin Petra Pfrommer die Vizemeisterschaft einzuschätzen. So gab es lediglich Abschiedstränen, da die Calwerinnen nach dem altersgemäßen Ausscheiden der überragenden Henriette Schell nicht mehr in dieser Formation antreten werden. „Ohne sie wären wir niemals so weit gekommen“, meinte nicht nur Adina Stoll, ehe ihr Team in den Feier-Modus umschaltete.
Auszeichnung für Laura Flörchinger
Im Rahmen der Siegerehrung wurden auch die besten Spielerinnen des Turniers ausgezeichnet. Die Jury, bestehend aus Nationalspielern des erfolgreichsten Männer-Teams der Welt – des TSV Pfungstadt – war sich einig: Svenja Schröder (Angreiferin/Eibach), Merle Bremer (Abwehr/Schneverdingen) und Calws Laura Flörchinger als Top-Zuspielerin. Sie und ihre Vereinskameradinnen Anna Winkler, die erst 15-jährige Leonie Pfrommer und die bereits für den Bundeskader nominierte Adina Stoll dürften sich nachdrücklich in die Notizblöcke der U18-Nationaltrainer Hartmut Maus und Heike Hafer gespielt haben, die das Geschehen auf der Tribüne verfolgten.
Ergebnisse: TSV Karlsdorf – TSV Calw 0:2 (6:11, 13:15), SV Bayer 04 Leverkusen – Calw 0:2 (8:11, 4:11), TSV Pfungstadt – Calw 1:1 (6:11, 11:9), TSV Breitenberg – Calw 0:2 (1:11, 9:11). Halbfinale Calw – TV Jahn Schneverdingen 2:0 (12:10, 11:4), Finale TV Eibach – Calw 2:1 (11:13, 11:7, 11:9).
Deutsche Meisterschaft U18, Silber für Laura Flörchinger, Kristin Heuer, Leonie Pfrommer, Henriette Schell, Adina Stoll, Muriel Wacker, Anna Winkler.
TV Eibach, 2. TSV Calw, 3. TV Jahn Schneverdingen, 4. TSV Pfungstadt, 5. SV Bayer 04 Leverkusen, 6. TSV Gärtringen, 7. TSV Karlsdorf, 8. TSV Schülp, 9. TV Waibstadt, 10. TSV Breitenberg.
DM-Splitter aus Pfungstadt
Der Name Thomas bürgt für Spitzenfaustball in Pfungstadt: Patrick Thomas, aktuell weltbester Faustballer, leistete zwei Tage lang Dienst an der Seitenlinie, Sebastian Thomas – ebenfalls Nationalspieler – wurde als Schiedsrichter eingeteilt. Vater Dieter Thomas, einst gefürchteter Angreifer, wirbelte hinter den Kulissen als Chef-Organisator der U18-DM.
Ein Turnier mit vielen Sportlerinnen – dazu gehört heute eine fleischlose Speisekarte. Neben der obligatorischen Wurst gingen vor allem vegetarische Buletten, Veggie-Brötchen, Kartoffeln mit Quark und Gemüse-Sticks weg wie warme Semmeln.
Zwei schwarze Limousinen parkten vor der Tür, drinnen beobachteten Bodyguards mit ihrem Chef, Hessens Innenminister Peter Beuth, das Geschehen. „Großartiger Sport“, lobte der CDU-Mann und versuchte sich – vor den Augen vieler potenzieller Wähler – in der Pause sogar selbst am Ball.
„Man sieht sich“, verabschiedeten sich die zahlreichen Calwer Fans von den Pfungstädtern. Im nächsten Bundesliga-Winter treffen die Männer-Teams beider Vereine zwei Mal aufeinander: Pfungstadt als Weltpokalsieger und Serien-Meister, Calw als frischgebackener Aufsteiger.