Calwer Männer steigen in die 1. Bundesliga auf!

19.02.2017
Sahnehäubchen auf unglaublicher Saison
Faustball-Männer des TSV Calw schaffen den Durchmarsch in die 1. Bundesliga Süd
Weinheim. Die mitgereisten 70 Calwer Fans und acht Sportler in Orange drehten fast durch: Nach einem wenig versprechenden Start bei den Aufstiegsspielen in die 1. Bundesliga Süd steigerten sich die Faustball-Männer des TSV Calw und feierten den Durchmarsch – von der Schwabenliga (2015) in die höchste Spielklasse. „Heute hat beinahe alles gepasst“, fasste ein überglücklicher Bernd Bodler zusammen. „Wir waren so heiß auf den Erfolg, wollten aber anfangs zu viel. Entscheidend war, dass sich unser Schlagmann Raphael Schlattinger nach nervösem Start immer weiter steigerte und die gesamte Mannschaft mitriss. So kamen die klaren Siege gegen beide West-Vereine zustande.“
Aber der Reihe nach: Die vier Bestplatzierten der 2. Bundesliga West und Süd kamen zum Jeder-gegen-jeden-Vergleich in Weinheim zusammen, um zwei Aufstiegsplätze unter sich auszuspielen. Gastgeber TV Wünschmichelbach erwischte vor rund 300 Zuschauern einen Start nach Maß, besiegte den West-Zweiten TV Waibstadt klar 3:0. Es folgte das Duell der Südklubs TV Hohenklingen und TSV Calw. In der Hallenrunde setzte es zwei Niederlagen für die Schwarzwälder, diesmal wollten sie den Spieß umdrehen, den herausragenden TVH-Angreifer Michael Krauß konsequent anspielen und so seine Offensivkünste ausbremsen. Doch es kam ganz anders. Krauß ließ die Calwer ins Leere laufen, beschäftigte TSV-Kapitän Raphael Schlattinger mit spektakulären Bällen. 5:0-Führung für Hohenklingen, mehr als ein Verkürzen auf 11:7 war nicht drin. Ein Abziehbild im zweiten Satz: Wieder 5:0 für Hohenklingen, erneut 11:7 und die 2:0-Führung. Die Taktik der konsternierten Calwer war dahin, sie mussten nun endlich den Einstieg in das Match finden und den totalen Fehlstart vermeiden. Routinier Bernd Bodler übernahm nun die Initiative, entlastete Schlattinger und verhalf dem Schweizer zu besseren Aktionen. Calw gelang der erste Satzgewinn (11:7) und war gleichauf, doch Hohenklingen machte nach zwei hauchdünnen Aus-Bällen glücklich mit 11:9 den Sack zu.
Nun galt es, die Enttäuschung in der kurzen 15-Minuten-Pause schnell zu vergessen und sich auf den zuvor so starken TV Wünschmichelbach einzustellen. Mit Heavy-Metal-Musik und aufmunternden Worten von Betreuer Thomas Stoll kamen die Männer aus der Kabine – und plötzlich stand ein ganz anderes Team auf dem Feld. Die Calwer drehten auf, Raphael Schlattinger drosch die Lederkugel selbstbewusst den Badenern um die Ohren. 5:0, 8:2, Bodler blockte bärenstark gegen Nationalspieler Dennis Gruber, die Abwehr mit Marco Stoll und Philipp Kübler ließ nur noch wenige Bälle passieren, Nick Stoll legte zentimetergenau vor. 11:5 und dann sogar ein fast unfassbares 11:1 waren die Folge, der heimische Fanblock wurde mucksmäuschenstill. Dann fing sich Wünschmichelbach, Calw bekam das Nervenflattern (1:4), bei Spielstand 8:9 musste Abwehrspieler Marco Stoll gegen Lukas Gruner ausgewechselt werden. Der blieb fehlerlos, doch „Wü’bach“ verkürzte (9:11). Doch dann kämpften die Calwer, konterten zum 11:9 und fügten mit diesem 3:1-Sieg dem Gastgeber seine erste Saisonniederlage zu. Die Hoffnung war zurück.
Nachdem sich TV Hohenklingen gegen TV Waibstadt anschließend schwer tat und nur glücklich 3:2 obenauf blieb, war die Aufrechnung klar: Gewinnt Calw mit 3:0 gegen Waibstadt, darf gefeiert werden. Beflügelt von dieser Aussicht, zeigte Calw von Beginn an und vor den Augen von Männer-Bundestrainer Olaf Neuenfeld, wer der Herr im Ring ist. 11:5, 11:4, 11:5 – der klare Sieg geriet nie in Gefahr, Sektkorken knallten. „Nie mehr zweite Liga“, erklang es aus den Kehlen von Spielern und Fans – auch wenn das so nicht stimmt. Denn in der Feldrunde müssen die Calwer das Aufstiegskunststück dieses Winters erst einmal wiederholen.
Am Ende wurde abgerechnet: Hohenklingen behielt auch gegen Wünschmichelbach 3:2 die Oberhand und begleitet den TSV Calw ins Oberhaus. Neuenfeld schien beeindruckt: „Ich hatte erwartet, dass es hier knappe Entscheidungen geben wird. Was mich aber wirklich überrascht hat, ist das hohe Niveau der Begegnungen. Die beiden Aufsteiger sind stark und brauchen sich vor der 1. Bundesliga nicht zu fürchten.“
Nach seinem ersten Halbjahr im Trikot des TSV Calw machte Raphael Schlattinger eine Liebeserklärung an seinen neuen Verein: „So etwas wie in Calw habe ich noch nicht erlebt. Ein super Zusammenhalt, diese Fans, diese Kameraden – einmalig. Hier möchte ich bleiben!“ Auf der Heimfahrt im Fan-Bus und der anschließenden Party im Vereinsheim gab es vieles zu besprechen – und noch mehr zu feiern.
Aufsteiger TSV Calw: Bernd Bodler, Nico Stoll, Moritz Pfrommer, Raphael Schlattinger, Nick Stoll, Lukas Gruner, Philipp Kübler, Marco Stoll. Ergebnisse: TV Wünschmichelbach (1. West) – TV Waibstadt (2. West) 3:0 (11:7, 12:10, 11:6); TV Hohenklingen (1. Süd) – TSV Calw (2. Süd) 3:1 (11:7, 11:7, 7:11, 11:9); TV Wünschmichelbach – TSV Calw 1:3 (5:11, 1:11, 11:9, 9:11); TV Hohenklingen – TV Waibstadt 3:2 (11:9, 5:11, 5:11, 11:5, 12:10); TV Waibstadt – TSV Calw 0:3 (5:11, 4:11, 5:11); TV Wünschmichelbach – TV Hohenklingen 2:3 (11:13, 11:3, 10:12, 14:12, 9:11).
 

14.02.2017
„Unsere Chancen stehen bei 50 Prozent“
Aufstiegsspiele: Faustball-Männer des TSV Calw träumen vom Durchmarsch in die 1. Bundesliga

Aus vier mach‘ zwei: Ein Mammutprogramm erwartet am Samstag die Anwärter zur 1. Bundesliga Süd. Beim Aufstiegsturnier in Weinheim kämpfen die besten Faustball-Teams der 2. Bundesliga West, TV Wünschmichelbach und TV 1865 Waibstadt, sowie der 2. Bundesliga Süd, TV Hohenklingen und TSV Calw, um die beiden freien Plätze in der Beletage.
Für Thomas Stoll, Abteilungsleiter der Calwer Faustballer, müsste in der Kurpfalz „alles passen, damit wir diese Chance nutzen können.“ Schließlich spielt jeder gegen jeden, auf drei Gewinnsätze. Anders gesagt, könnten die jungen hungrigen Schwarzwälder bis zu 15 knochenharte Sätze erwarten. Schwerstarbeit. „Alle vier Mannschaften sind spielerisch fast auf Augenhöhe. Den Ausschlag werden deshalb Kleinigkeiten geben – und natürlich eine gute Physis“, glaubt Stoll und tippt: „Unsere Chancen stehen bei 50 Prozent.“
Der Blick auf die Tabellen offenbart allerdings zwei Favoriten: Hohenklingen dominierte die Südstaffel (32:0 Punkte, 48:8 Sätze) ähnlich souverän wie Wünschmichelbach (32:0 / 48:4) den Westen. Calw (28:4 Punkte) kassierte in der Hallenrunde allerdings nur zwei Niederlagen – gegen Hohenklingen, das mit Ex-Nationalspieler Michael Krauß über den herausragenden Angreifer verfügt und auf allen Positionen bestens besetzt ist. Immerhin war der TSV Calw bei einer knappen 2:3-Niederlage fast gleichauf. Der TV Wünschmichelbach, Gastgeber in der Kreissporthalle Weinheim, hat nicht nur den Heimvorteil und das Publikum auf seiner Seite, sondern auch die Erfahrung mehrerer Jahre 1. Bundesliga sowie einen Schlagmann Dennis Gruber, der bereits das Adlertrikot von U18-, U21- und Männer-Nationalteam trug. Eher eine Nebenrolle spielt – nominell – der TV Waibstadt (24:8 Punkte).
Für Stoll wäre es kein Beinbruch, würde der Traum am Samstag platzen. „Unsere Jungs haben als Zweitliga-Neuling eine sehr starke Saison gespielt. Aber sie hätten auch die Qualität, in der 1. Liga zu bestehen. Der Durchmarsch wäre ein Riesenerfolg, wir würden endgültig zu den erfolgreichsten Faustballvereinen Deutschlands zählen.“ Bislang waren eher die Frauen, die seit Jahren zur Topklasse zählen, und starke Jugendteams (zuletzt die U18 weiblich als deutscher Meister) für Schlagzeilen zuständig.
Mit einem ganzen Reisebus voller Fans und acht sieghungrigen Sportlern fährt der TSV nach Weinheim. Der Spielplan sieht für die Angriffsreihe mit dem athletischen Schweizer Raphael Schlattinger und Routinier Bernd Bodler sowie für die sehr junge Abwehr (alle unter 19 Jahren) allerdings einen eher ungünstigen Turnierablauf vor: Calw trifft im zweiten Spiel des Tages auf Hohenklingen und direkt im Anschluss auf Wünschmichelbach. Nach einer längeren Pause dann folgt der Vergleich mit Waibstadt.
 
Interview mit Bernd Bodler: „Einfach nur Vollgas!“
Bernd Bodler ist mit seinen 33 Jahren der „Ausreißer“ im Calwer Team, das ansonsten aus „jungen Wilden“ (17 bis 23 Jahre) besteht. Mit seiner großen Erfahrung, einer Portion Abgeklärtheit und hervorragendem Blockvermögen zeichnet der Ex-Unterhaugstetter für den Aufstieg der einstigen A-Jugendlichen in die Schwabenliga und die 2. Bundesliga Süd verantwortlich. Seine Devise am Samstag: „Nichts ist unmöglich.“

Drei Spiele gegen Top-Gegner an einem Nachmittag – da zählt vor allem Kondition?
Bernd Bodler: „Ja, das wird hart, aber wir haben nochmals an unserer Ausdauer und Kraft gearbeitet und im Training zugelegt. Wichtig wird, gegen Hohenklingen keine hohe Niederlage zu kassieren. Denn dann wird es schwer, in nur 15 Minuten Pause den Kopf freizukriegen, um gegen Wünschmichelbach bestehen zu können.“

Und das Spiel gegen Außenseiter TV Waibstadt …
„Moment! Die Waibstädter sind keine Außenseiter. Sie sind unangenehme Kämpfer und im Feld vor einem halben Jahr bereits aufgestiegen. TV Hohenklingen besteht aus erfahrenen Männern, angeführt von Superschläger Michael Krauß und verstärkt mit dem starken Marco Kühner in der Mitte. Gegen die holten wir zuletzt in der Schwabenliga ein Unentschieden und unterlagen seither vier Mal. Die Wünschmichelbacher spielen alle auf hohem Niveau, stehen hinten sehr solide. Wir müssen versuchen, sie von Beginn an unter Druck zu setzen.“

Auch der TSV Calw überzeugte, in seiner ersten Zweitliga-Saison.
„Ja, weil uns der Schweizer Nationalspieler Raphael Schlattinger deutlich verstärkt. Sonst hätten wir nicht vorne mitgespielt. Aber auch die jungen Teamkameraden haben einen großen Schritt gemacht. Als wir bei unserem Zweitliga-Debüt eine 0:3-Packung von Hohenklingen eingefangen hatten, zweifelte ich, ob wir im Vorderfeld mitmischen könnten. Aber wir verbesserten uns schnell, stehen hinten gut, haben ein tolles Zuspiel und eine durchschlagsstarke Offensive.“

Wie stehen die Aufstiegschancen?
„Nichts ist unmöglich, aber wir müssen es nicht schaffen. Die Mannschaft ist so jung. Sicher ist: Wir werden es keinem Gegner leicht machen.“

Wie geht ein Routinier Bernd Bodler in dieses Turnier?
„Mit Anspannung einerseits, aber auch mit großer Freude. Bei solchen Turnieren auf dem Feld zu stehen, vor 200 oder mehr Fans, ist etwas Besonderes. Man schaltet den Kopf aus, schüttet Adrenalin aus und gibt einfach nur Vollgas.“