13.02.2024
„Ich erwarte Faustball auf Spitzenniveau“
Die Nationaltrainerin der Frauen freut sich auf die deutsche Meisterschaft in Calw
Bundestrainerin Eva Krämer. Foto: Uwe Spille
Eva, bitte stelle dich kurz den Faustballfans und DM-Besuchern vor, die Dich bisher nicht näher kennen. Welchen Beruf übst du aus, und gibt es – neben Faustball – noch weitere Hobbys?
Ich bin Lehrerin für Mathematik, Sport und Spanisch und gehe in der Freizeit gerne zum Skifahren oder Mountainbiken.
Wie ist deine sportliche Karriere verlaufen?
Von klein auf habe ich beim TSV Niedernhall gespielt. Zunächst in den Jugendmannschaften, ab dem Alter von 15 Jahren im Bundesliga-Team. Parallel habe ich die U18-, U21- und Frauen-Nationalmannschaften durchlaufen. 2014 habe ich meine internationale Karriere beendet, 2018 dann auch die aktive Laufbahn in Niedernhall.
Dann kam der Wechsel an den Spielfeldrand?
Nach der Weltmeisterschaft 2014 hatte mich die damalige Bundestrainerin Silke Eber angesprochen, ob ich sie als Co-Trainerin unterstützen möchte und ab 2015 war ich dann dabei. Nach Silkes Rücktritt habe ich 2023 den Posten der Bundestrainerin übernommen.
Letzten Sommer gelang ja dann auch gleich die Verteidigung des EM-Titels in Österreich. Wer unterstützt Dich bei der Arbeit?
Ruben Schwarzelmüller wird künftig als Co-Trainer dabei sein. Anna-Lisa Aldinger vom TSV Dennach unterstützt uns im U21-Bereich. Zudem ist Miriam Schuldt als Physiotherapeutin und Stephanie Thomas als Ansprechpartnerin und Organisatorin im Verband dabei.
Welche internationalen Highlights stehen in naher Zukunft im Kalender?
Zwei richtig große Turniere – im November dieses Jahres die Frauen-Weltmeisterschaft in Argentinien und im August 2025 die World Games im chinesischen Chengdu. Auf diesen Events liegt unser Fokus.
Nach den World Games 2022 in den USA, wo Deutschland als Welt- und Europameister erneut seiner Favoritenrolle gerecht wurde, sind neben Cheftrainerin Silke Eber auch erfahrene Sportlerinnen ausgeschieden. Wie gelingt dir der Wechsel zur Cheftrainerin angesichts des personellen Umbruchs?
Das war schon ein gewaltiger Umbruch. Sechs Leistungsträgerinnen, die in den acht bis zehn Jahren davor das Bild und den Erfolg des Nationalteams prägten, sind in den ,Nationalmannschafts-Ruhestand‘ gegangen. Es war ein ungewohntes Bild, auf die Kaderliste 2023 zu schauen. Das Leistungsvermögen der Mannschaft war schwer einzuschätzen. Spielerische Klasse haben wir nach wie vor, aber jede Spielerin muss sich erstmal in ihre neue Rolle finden. Wir hatten 2023 eine sehr gute Mischung aus erfahrenen Spielerinnen, die bisher eher in der zweiten Reihe standen, und ganz jungen, talentierten Spielerinnen, die frisch aus der U18/U19 gekommen sind. Für jede bot sich eine neue Chance, alle waren von Beginn an motiviert bei der Sache. Das hat mir den Übergang erleichtert.
Welche Ziele verfolgst du bezüglich sportlicher Weiterentwicklung?
Der personelle Umbruch wird uns noch weiter beschäftigen. Wir haben das bislang gut gemacht und uns mit dem EM-Titel belohnt. Wir konnten befreit aufspielen und manchmal ist der erste Schritt leichter als die weiteren. Erwartungen und der Druck werden steigen. Es geht nun darum, an den Herausforderungen zu wachsen, das spielerische Niveau zu steigern und auch unter schwierigen Bedingungen konstante Leistungen abzurufen. Da sehe ich Entwicklungspotential.
Wichtige Entscheidungen für Nationalmannschaften fallen in der Feldrunde auf Rasen statt Hallenboden. Was macht eine Bundestrainerin zwischen Oktober und April?
Es ist richtig, dass unsere Lehrgänge, Meisterschaften und Länderspiele im Normalfall im Sommer stattfinden. Ab August/September laufen aber bereits die Vorbereitungen für das kommende Jahr: Terminplanung, Organisation von Lehrgangsmaßnahmen und Events, Kontakt mit potenziellen Ausrichtervereinen, Erstellen von Kaderlisten, Reiseplanungen und so weiter. Zudem nutzen wir die Hallen-Spielzeit für Sichtungen und halten Kontakt zu den Spielerinnen.
Welchen Stellenwert hat die Hallenrunde hinsichtlich des Nationalkader-Scoutings?
Es ist schon so, dass sich das Faustballspiel in der Halle und auf dem Feld unterscheiden im Hinblick auf die Spielaufstellung, taktische Ausrichtung, äußere Bedingungen und Spielfeldgröße. Eine Hallen-Spezialistin spielt nicht automatisch auch im Feld auf Top-Niveau und umgekehrt. Es lässt sich aber auch im Hallen-Faustball erkennen, ob eine Spielerin die technischen Voraussetzungen, das taktische Spielverständnis, die Athletik besitzt und damit grundsätzlich für den Nationalmannschaftskader in Frage kommt. Von daher nutzen wir auch die Hallenrunde zur Sichtung.
Dann wirst du auch in Calw dabei sein?
Ja, ich werde die Meisterschaft natürlich vor Ort verfolgen.
Was erwartest Du von dem Turnier in der Walter-Lindner-Sporthalle?
Die Calwer Faustball-Abteilung ist dafür bekannt, dass sie solche Meisterschaften mit sehr viel Herz und vollem Elan organisiert. Zudem gehe ich davon aus, dass die Halle voll sein wird und die Stimmung vor allem bei den Spielen der Heimmannschaft ,beben‘ wird. Vom Sportlichen erwarte ich, dass die sechs teilnehmenden Mannschaften Faustball auf Spitzenniveau bieten werden.
Alle teilnehmenden Teams in Calw haben DM-Erfahrung. Mannschaften wie die aus Schneverdingen, Ahlhorn, Dennach und Calw sind seit über zehn Jahren praktisch immer qualifiziert und dominieren das Geschehen im Frauenfaustball. Wieso tun sich andere Vereine so schwer?
Das ist nicht ungewöhnlich. In den letzten Jahrzehnten haben eigentlich immer Mannschaften über Jahre hinweg die Bundesligen dominiert. Ausreißer, also Teams, die mal für ein, zwei Jahre zur DM gefahren sind und dann wieder verschwunden sind, gab es selten. Das hängt mit der Grundstruktur im Faustball zusammen: Die meisten Spielerinnen sind ihren Vereinen eng verbunden, teilweise ab der Kindheit und Jugend. Vereinswechsel kommen nicht in der Regelmäßigkeit und Kürze vor wie in anderen Sportarten. Das gilt auch für Leistungsträgerinnen.
In den vergangenen Jahren war das Leistungsvermögen von Nord- und Süd-Teams etwa gleichauf…
Ja, wir haben in beiden Bundesligastaffeln starke Mannschaften. Mit Schneverdingen und Ahlhorn haben wir Vereine, die in den letzten Jahren regelmäßig Medaillen bei Deutschen Meisterschaften gewonnen haben. Schneverdingen hat zuletzt das World Tour Finale gewonnen und Dennach den Champions Cup. Ich würde es als offenes Rennen zwischen Nord und Süd sehen.
Und wer ist dein DM-Favorit?
Eine Mannschaft als Favorit herauszuheben ist schwer. Schneverdingen und Dennach sind nach dem World Tour Finale verspätet in die Hallenrunde gestartet und haben sich zunächst schwer getan. Aber allein schon wegen ihrer Erfolge in der Vergangenheit ist mit diesen beiden Vereinen zu rechnen. Auch Calw ist in der Hallenrunde immer für eine Medaille gut. Aber ich traue auch den anderen Vereinen zu, sich in die Medaillenplätze zu spielen.
Vielen Dank, Eva, viel Spaß und gute Erkenntnisse in Calw!